Kennen Sie schon… Personas?

Beschreibung

Personas sind fiktive Nutzer*innen einer Zielgruppe anhand von spezifischen Charakteristika. Sie werden aus real existierenden Daten generiert und ermöglichen einen authentischen Einblick in die Bedürfnisse und Motive der Personen, die sonst nur schwer greifbar sind. Die Nutzer*innen werden anhand von bestimmten Merkmalen beschrieben und erlauben dadurch eine Vorhersage, wie sich diese Person in bestimmten Situationen verhalten würde. Dabei stellen Personas nicht eine*n Durchschnittsnutzer*in dar, sondern geben der*m Nutzer*in ein charakteristisches Gesicht mit spezifischen Bedürfnissen (z.B. der berufstätige Student, die durchorganisierte Dozentin).

Die Methode wird vorrangig im Marketingbereich und in der Entwicklung von Softwareprodukten eingesetzt, um einerseits eine zielgruppenorientierte Werbung zu entwickeln und andererseits bei Usabilityfragen Entscheidungshilfen zu haben. Die Personas bieten die Möglichkeit, sich mit den Benutzer*innenbedürfnissen direkt zu identifizieren anstatt sich auf subjektiv fundierte Annahmen zu verlassen.

 

Der Persona Lifecycle

Pruitt und Adlin (2006) beschreiben ein Prozessmodell zur Entwicklung einer Persona, das ursprünglich für die verschiedenen Stadien der Softwareentwicklung herangezogen wurde. Für den Einsatz im Bildungsbereich müssten evtl. leichte Anpassungen vorgenommen werden.

Phase 1: familiy planning: In dieser Planungsphase gilt es, sich einen Überblick über die Zielgruppe zu verschaffen. Anschließend muss überlegt werden, auf welchen empirischen Grundlagen die Anfertigung der Personas erfolgen soll. Liegen diese Daten noch nicht vor, erfolgt eine möglichst qualitative Erhebung.

Phase 2: conception and gestation: Bei diesem Schritt werden die Rohdaten für die Personas systematisch aufbereitet. Zudem wird entschieden, welche Rohdaten in die Personabeschreibung einfließen, wie sie kategorisiert und aufbereitet werden sollen.

Phase 3: birth and maturation: Die Prototypen werden generiert und in den Entwicklungsprozess der Angebote eingeführt, indem über die Verwendung nachgedacht wird. Ggf. können noch Optimierungen und Ergänzungen an den Personas vorgenommen werden.

Phase 4: adulthood: In dem größten Abschnitt des Prozesses steht die Verwendung der Personas im Mittelpunkt. Mit Hilfe der Personas können die unterschiedlichen Prozessphasen (Planung, Anforderungsanalyse, Design oder Evaluation) durchlaufen und aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Dabei besteht die Möglichkeit, Schwachstellen und Optimierungsbedarfe zu diagnostizieren und Empfehlungen abzuleiten.

Phase 5: lifetime achievement and retirement: In dieser Reflektionsphase wird beurteilt, ob sich die Anwendung der Persona-Methode bewährt hat und ob sie für weitere Projekte wiederverwendet werden soll.

 

Der Einsatz von Personas in der Hochschullehre

Die Persona-Methode kann auch zur Konzeption von zielgruppen- und bedarfsspezifischen Lehrangeboten herangezogen werden (Lepzien & Lewerenz, 2017). Eine generierte Persona könnte somit stellvertretend für eine*n Teilnehmer*in einer Lehrveranstaltung stehen und den Lehrenden helfen, sich in die Lage von potentiellen Lernenden zu versetzen und dabei deren Perspektive einzunehmen. Je konkreter die Vorstellung über die Zielgruppe ist, desto bedarfsorientierter und nutzerfreundliche kann das Lehrangebot konzipiert werden.

Die Personas lassen sich am besten im Rahmen einer Anforderungsanalyse erstellen. Die Konzentration sollte dabei auf wenige, exakt definierte Personas gelegt werden, um nicht eine „Durchschnittspersona“ zu generieren. Die Methode eignet sich zudem zu Evaluationszwecken, wenn geklärt werden soll, ob die eingangs formulierten Erwartungen erfüllt wurden oder nicht. In beiden Anwendungsszenarien muss sichergestellt sein, dass die Personas nicht auf fiktiven Elementen beruhen, sondern aus real existierenden Daten bestehen. Als Datenquelle eignen sich insbesondere Interviews, Beobachtungen oder Fragebogendaten (z.B. aus Evaluationsumfragen) mit der Zielgruppe zu folgenden Kategorien:

  • Demografische Angaben (Name, Alter, Geschlecht, Wohnort, Familienstand)
  • Angaben zur Berufsausbildung, Fähigkeiten, Interessen
  • Ziele und Motivationen als Lernender
  • Erwartungen und Anforderungen an die Veranstaltung
  • Typische Verhaltensmuster und Vorgehensweise im Lernprozess

Fazit

Personas bieten die Möglichkeit, die Benutzer*innenperspektive während des gesamten Entwicklungsprozesses eines Produktes bzw. Angebotes aktiv mit einzubeziehen. Durch die Aufdeckung der spezifischen Bedarfe und Wünsche haben alle Beteiligten die gleiche Zielgruppe vor Augen und können auf die Benutzer*innenanforderungen gezielter eingehen (z.B. „Dieses Gamification-Element würde Lara sicher sehr gefallen.“).

Quellen:
Lepzien, J., Lewerenz, M. (2017) Persona-Methode. Eine Methode zu Illustrierung von Bildungsbedarfen. In: Weiterbildungmanagement professionalisieren. Wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Rostock. 23-31.

Pruitt, J., Adlin, T. (2006). The Persona Lifecycle: Keeping people in mind throughout product design.  Morgan Kaufmann.

Methodensteckbrief

Voraussetzungen

  • reale Daten aus Interviews, Beobachtungen oder Fragebögen sind notwendig
  • Idealerweise von mehreren Personen der Zielgruppe

Ablauf

  1. Planungsphase
  2. Konzeption und Gestaltung
  3. Einführung und Optimierung
  4. Verwendung
  5. Reflexion und Wiederverwendung

Ziele und Vorteile

  • Methode, um die Bedürfnisse und Erwartungen einer Zielgruppe besser verstehen zu können
  • Die Personifizierung der Zielgruppe hilft bei der Beantwortung vieler Fragen und Entscheidungsprozesse

Nachteile

  • Erhöhter Aufwand im Vorfeld
  • Gefahr, sich von subjektiven Eindrücken und Klischees leiten zu lassen


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