Kennen Sie schon… Design Thinking in der Lehre?

Design Thinking ist ein Methodikrahmen, der aus dem unternehmerischen Feld kommt. Dabei werden Methoden, die in der Kreativarbeit genutzt werden, auf andere Zusammenhänge übertragen. Ziel ist es, für komplexe Probleme mit Hilfe einer bestimmten Denkweise Lösungen zu finden. Dabei wird eine Reihe von Kreativmethoden genutzt, die z. B. im Designbereich schon länger bekannt sind. Der Design Thinking Prozess kann auch in der Hochschullehre eingesetzt werden, um einerseits Lehre zu planen und andererseits mit Studierenden komplexe Themen zu behandeln.

Was ist Design Thinking?

Design Thinking wurde als Konzept zuerst von der Agentur IDEO entwickelt, die es auch vermarktet. Seit einigen Jahren arbeiten auch Institutionen wie die Hasso-Plattner-Institute in Stanford und Potsdam mit diesem Ansatz. Das Konzept kommt im unternehmerischen Kontext dann zum Tragen, wenn z. B. ein Produkt entwickelt werden soll, bei dem noch nicht klar ist, wie die genauen Anforderungen aussehen.

Das Denken in Design Thinking

Zentral ist bei Design Thinking, dass neben einem Rahmen, der Prozessschritte und Methoden empfiehlt, auch eine veränderte Herangehensweise an Problemlösung eine große Rolle spielt. Durch das Stichwort „verändertes Mindset“ und durch die Regeln ist man häufig sehr stark an die Ansätze zu agilem Projektmanagement und ähnlichem erinnert.

Das Mindset im Design Thinking ist durch vier spezielle Aspekte geprägt:

  • Kreative Problemlösungsstrategien können besser durch Teams mit interdisziplinärer Ausrichtung und gleichberechtigten Teammitgliedern entwickelt werden.
  • Ein Motto, das im Design Thinking Anwendung findet, lautet: „Fail early, fail often.“ Eine ausgeprägte Fehlerkultur führt dazu, dass Fehler gewinnbringend analysiert und nach und nach abgebaut werden können.
  • Die Bedürfnisse und Motivationen von Menschen, die mit einem Produkt oder ähnlichem interagieren, müssen eng in den Lösungsprozess eingeflochten werden.
  • Im unternehmerischen Umfeld steht außerdem noch die technische Umsetzbarkeit und die Marktfähigkeit von Lösungen im Fokus.

Der Design Thinking Prozess

Der Design Thinking Prozess wurde von den entwickelnden Personen in sechs Schritte eingeteilt:

  1. Problem verstehen: Am Anfang muss das Problem verstanden werden, mit dem sich das Team auseinandersetzen soll. Das bedeutet im Einzelnen, dass z. B. Auftraggebende nach ihren Anforderungen gefragt werden, eine Marktanalyse erstellt wird oder Lücken im vorhandenen Produktportfolio identifiziert werden. Die einzelnen Teammitglieder müssen dabei auf einen Stand kommen.
  2. Beobachten: Bei der Phase des Beobachtens geht es darum zu verstehen, welche Bedürfnisse bei einer Zielgruppe erfüllt werden sollen. Ein genaues Verständnis der unterschiedlichen Aspekte, die die Zielgruppe ausmachen, ist daher essentiell.
  3. Fokussieren: In diesem Schritt werden die Ergebnisse der beiden ersten Schritte auf die wesentlichen Punkte zusammengefasst, mit denen dann effektiv im nächsten Schritt gearbeitet werden kann.
  4. Ideen generieren: Nun beginnt das Team damit, Ideen zu sammeln, die dann in den Prototypen einfließen sollen. Hier sind Kreativitätstechniken, die möglichst viele Ideen generieren, von zentraler Bedeutung.
  5. Prototyp: Aus den gesammelten Ideen erstellt das Team nun einen Prototypen, der die Anforderungen aus den ersten Schritten erfüllen soll.
  6. Testen: Die wichtige Phase des Testens überprüft nun, ob die Anforderungen tatsächlich erfüllt werden.
Illustration zum Design Thinking Prozess wie im Beitragstext beschrieben
Der Design Thinking Prozess, Illustration: FernUniversität

Dieser Prozess sollte nach Möglichkeit zunächst von vorne nach hinten durchlaufen werden. Nach einem ersten Durchlauf wird allerdings meistens schnell klar, dass es Zwischenergebnisse und die Ergebnisse des Tests nötig machen, erneut in vorherige Phasen wie Fokussieren oder Ideen generieren zurück zu wechseln. Der Design Thinking Prozess ist darüber hinaus iterativ, denn jeder Durchlauf des gesamten Prozesses oder einzelner Phasen, bringt ein Team näher an das endgültige Resultat heran.

In der Illustration ist der Prozess als eine Abfolge von Rauten visualisiert. Das hat den Grund, dass in den einzelnen Phasen zunächst viele Dinge gesammelt werden sollen, bevor dann konsolidiert wird.

Rollen im Design Thinking

Ein weiterer Aspekt, der an agile Methoden erinnert, ist die Verteilung von festgelegten Rollen. Das Team, dass sich mit einem Problem beschäftigt, sollte groß genug sein, um interdisziplinäre Perspektiven zu vereinen, und klein genug, um möglichst flexibel und schnell zu bleiben. Ein Design Thinking Coach kann eingesetzt werden, wenn nicht alle Team-Mitglieder ohnehin schon sehr vertraut mit dem Konzept sind. Der*die Auftraggebende bestimmt, wie die Anforderungen an die Problemlösung sind und gibt die Rahmenbedingungen vor. Die Personen der Zielgruppe müssen in der ein oder anderen Weise (s. Methoden) integriert werden. Schließlich könnte fast noch der Raum, in dem die Erarbeitung der Problemlösung stattfindet, als weitere Rolle im Prozess bezeichnet werden. Der Raum sollte so gestaltet und ausgestattet sein, dass kreative Prozess bestmöglich gefördert werden.

Methoden innerhalb des Design Thinking Prozesses

In den einzelnen Phasen des Prozesses kann eine Vielzahl an Methoden eingesetzt werden, die aber dem jeweiligen Ziel angepasst werden sollten. Dabei kann unterschieden werden zwischen den folgenden drei Kategorien von Methoden.

  • Recherchemethoden, die dazu genutzt werden, möglichst viel über das gewünschte Produkt bzw. die Zielgruppe zu erfahren (z. B. Customer Journey, Brainstorming, Interviews, Marktanalysen etc.)
  • Begleitmethoden, die während der einzelnen Phasen helfen, Zusammenhänge sichtbar zu machen oder Fragen zu beantworten (z. B. Persona, Visualisierungen, MindMaps etc.)
  • Kreativitätsmethoden, die in kurzer Zeit möglichst viele Ideen generieren und strukturieren können (z. B. 6-3-5, Ideensteckbrief, Kopfstandmethode, etc.)

Zwei Perspektiven aus Sicht der Lehre

Da Design Thinking in der ursprünglichen Ausprägung vor allem für die Entwicklung neuer Produkte entworfen wurde, ist es vielleicht nicht gleich ersichtlich, warum es sich auch für die Hochschullehre eignen könnte. Tatsächlich gibt es aber zwei Punkte, an denen sich der Design Thinking Prozess einsetzen lässt: für die Planung der eigenen Lehre und in der Lehre als Methode zur Lösung komplexer Probleme durch Studierende. Darüber hinaus können die oben genannten Methoden natürlich auch punktuell in der Lehre eingesetzt werden, ohne den kompletten Design Thinking Prozess zu durchlaufen.

Bei der Planung der eigenen Lehre kann der Design Thinking Prozess vor allem bei der Konzeption neuer Lehrveranstaltungen hilfreich sein. Idealerweise wird eine Lehrveranstaltung oder ein Modul von einem Team erarbeitet. Die verschiedenen Phasen des Sammelns und Konsolidierens sowie die Erstellung eines „Prototyps“, der von Studierenden-Personas „getestet“ werden kann, stellen dabei die wichtigsten Elemente dar. Ein Beispiel aus dem hochschuldidaktischen Kontext hat Matthias Fischer in seinem Artikel für die Zeitschrift „die hochschullehre“ beschrieben.

Den Design Thinking Prozess in Lehrveranstaltungen einzusetzen, bereitet die Studierenden darauf vor, wie sie zukünftig in Unternehmen arbeiten. Von der inhaltlichen Seite könnte der Prozess z. B. beim Finden von Themen für und anfänglichen Konzipieren von Abschlussarbeiten genutzt werden. Einige Beispiele für diese Herangehensweise sind für eine Lehrveranstaltung zu „Digitalisierung und Diversity Management“ , als Problemlösungsansatz für Abschlussarbeiten und als Methode in Veranstaltungen mit heterogenen Studierendengruppen beschrieben worden.

Sollten Sie weitere Beispiele kennen, hinterlassen Sie gerne einen Kommentar unter diesem Beitrag. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen.

Links und Literatur

Design Thinking im Gabler Wirtschaftlexikon

Design Thinking in der Lehre bei der HTW Saar

Design Thinking – Mit Methode komplexe Aufgaben lösen und neue Ideen entwickeln von Andreas Diehl

Was ist Design Thinking? beim Hasso-Plattner-Institut, Potsdam.

Michael Lewrick, Patrick Link, Larry Leifer (Hrsg.) (2019). Das Design Thinking Playbook. Verlag Franz Vahlen, München.

Ingrid Gerstback (2017). 77 Tools für Design Thinker. GABAL Verlag, Offenbach.

Christoph Meinel, Julia Von Thienen (2016). „Design thinking.“ Informatik-Spektrum 39.4: 310-314.

Daniel R. A. Schallmo, Klaus Lang (2020). Design Thinking richtig anwenden. 2. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden.



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